Dienstag, 26. Februar 2008

Eingelebe und Aufgeräume

1 1/2 Wochen wieder daheim und schon so angekommen, dass Indonesien zu einem seltsamen Traum wird, aus dem ich vor ein paar Tagen aufgewacht bin.

Habe nach meiner Ankunft in Köln ein paar Tage in meiner alten Heimat OWL verbracht, das den Esprit eines unbewohnten Altenheimes versprüht. Bei einem Spaziergang sah ich eine hinter dem Steuer eines Wagens weinende Frau, einige Senioren, von denen die meisten meinen Gruß (es ist dort üblich, jeden Menschen zu grüßen, der einem auf der Straße begegnet, was allerdings auch nicht all zu aufwendig ist, da die Straßen so leer sind, dass einem unwillkürlich "I am Legend"-Bilder in den Kopf schießen) mit heruntergezogenen Mundwinkeln (also im Grunde nicht) erwiderten, eine Frittenbudenbesitzerin, die mich innerhalb einer Currywurstlänge über Umzugspläne des Aldi, Expansionspläne des Sonderpostenmarktes und dem traurigen Schicksal einer Nachbarin, die ihr langersehntes Kind kurz nach der Geburt verlor, halb unabsichtlich informierte indem sie zwei offensichtliche Stammkunden vollschnabbelte und schließlich noch ein einsames und paranoides Grundschulkind (vielleicht das einzige Kind des Ortes? Man hört ja viel über die deutsche Bevölkerungspyramide und auf den Straßen habe ich sonst jedenfalls keine anderen Kinder gesehen), das in regelrechte Panik verfiel und davon rannte, als es merkte, dass ich mich (zufällig und ungewollt) einige Meter hinter ihm bewegte (vielleicht auch weil es noch nie einen Mitte- ok, Ende- Zwanzigjährigen gesehen hatte, auch diese Gattung ist in den ländlichen Gegenden Ostwestfalens selten geworden, wie mir scheint). Dies bescherte mir naürlich sogleich das unschöne Gefühl ein Kindervergewaltiger zu sein, zumindest in den Augen des einzigen Kindes vor Waderslohs.
Abends traf ich einen alten Freund im Stellwerk, dem traditionell einzigen Etablissement für Leute, die sich von Gedeck-saufendem Inventar anderer ortsansässiger Kneipen abgrenzen wollen. Namentlich sind das Gymnasiasten, die bei einem Weizen oder einem Batida-Kirsch ihr (post-) pubertäres Bedürfnis nach geistigem Austausch befriedigen und zuweilen etwas schlichte aber im allgemeinen nette und ungefährliche Landjugend-Mitglieder, die dort mit kalten Getränken und auf Wunsch schmackhaften Baguettes namens "Flöte" bewirtet werden.
Probierte das alte Stellwerk durch wahllos an die Wand geklatschte Gegenstände aus dem längst eingestellten Bahnhofsalltag, wie Uhren und Signalschranken, ein Flair mit dem schillernden Oberthema "Bahnhof" zu schaffen, gestört allerdings nicht nur durch eine irgendwie seltsame, Efeu-bewachsene, enge Eichenholztheke sondern auch durch eine regelrecht Beichtstuhl-ähnlichen Sitzecke, so präsentiert sich zu meiner großen positiven Überraschung das neu renovierte Stellwerk in freundlichen Farben, netter Beleuchtung und einer Einrichtung, die locker als flotte Ü-30 Bar in Ehrenfeld durchgehen könnte. Das Publikum war natürlich das gleiche wie eh und je- Gymnasiasten, Landjugendliche, dazu natürlich der obligatorische Spielautomatenzocker, ein paar Fußballfreunde, die Bayern gegen 1860 schauten und die ein oder andere Fresse, die mir aus fernen Zeiten bekannt war und meiner Meinung nach mittlerweile auch auf jeden Fall als Inventar durchgeht. Ach ja und dann war da noch ein freundlicher Hobbykoch westfälischer Spezereien, aber das ist ne andere Geschichte...
Außerdem gründete ich mit meiner fünfjährigen Nichte eine Band namens "Die Zahlenmusiker" und komponierte in dieser sich als recht produktiv herausstellenden Kooperation Lieder über Zweien in Gefahr und umkippende Dreien. Ein Konzert folgte am Mittag der zweiten Probe. Bei der Liveperformance bekamen wir Unterstützung von einem Gitarre-spielenden Einhorn dessen Name mir unglücklicherweise gerade entfallen ist (Honeyflake, I suppose...). Insgesamt ein kreatives Projekt prinzipiell auch mit Potenzial, dennoch vorläufig wieder auf Eis gelegt, weil Theresa im Kindergarten und ich an der Uni derzeit zu beschäftigt sind.

Das Wetter in Germany macht mir übrigens immernoch zu schaffen. Grau, arschkalt, matschig, nass. Und wenns mal nicht nass ist, dann sagen alle- sauuuugeiles Wetter. Geradezu Frühling, voll warm, klasse! Naja..

Und dann noch so ne Info: Den In-a-relation Button auf Facebook hab ich übrigens durch eine Leerzeile ersetzt.

Back in Köln habe ich meine Bude auf Vordermann gebracht und festgestellt, dass ich zu viele Dinge besitze. Ich habe da so einen beknackten Sammelflash. Von mir aus kann man das auch Zwang nennen. Wenn ich z.B. am Ende des Jahres einen Kalender ausrangiere, dann denke ich immer- Mensch, wenn ich in ein paar Jahren mal wissen will, was ich em letzten Jahr so gemacht habe, dann ist das bestimmt wahnsinnig interessant, den hebste mal auf. Und dann liegt mir dieser Kalender jahrelang vor den Füßen und ständig überlege ich wieder, wo ich den jetzt hinräumen soll, bis ich irgendwann wieder mal aufräume und mich kopfschüttelnd frage, wieso ich so einen Scheiß in meinem Zimmer lagere und ihn wutentbrannt in die Tonne kloppe.
Ähnlich oder noch schlimmer ist das mit Uniunterlagen, Briefen aller Art, Kontoauszügen undundund.
Die Sache ist, dass es maximal eine Handvoll Dinge gäbe, die ich wirklich vermissen würde, wenn in der Zwischenzeit etwa meine Bude abgebrannt wäre oder ein Einbrecher selbige restlos ausgeräumt hätte und sich nun an meiner bei einstmals bei Ebay erstandenen gewaltigen Dia-Sammlung von Urlaubsfotos eines Fremden erfreuen würde... naja und ein Kalender von 2003 gehört mit Sicherheit ebenso wenig dazu wie der halbaufgpumpte Football, der auch aufgrund seiner unvorteilhaften Form eigentlich immer irgendwo im Weg liegt oder das 3-D Viergewinntspiel mit den Holzkugeln, das mir mein Patenonkel einst schenkte und mir seitdem sogut wie ungespielt Platz meiner Wohnung stiehlt.

Und Indonesien? Ist fast wie weggeblasen. Ich kann viel erzählen, wenn das Thema darauf kommt, wenn Leute mich bestimmte Dinge fragen, aber ich bin jetzt hier und es ist fast als wär nichts gewesen. Mir wurde gesagt, das sei eine sehr westfälische Sichtweise, aha, soll wohl. Mit einem jedendfalls rheinischen et hätt noch emmer joot jejange bin ich wech, Feierabend.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Man und ich hatte schon angst ich müsste jetzt auf dein unterhaltsames manchmal auch durchaus nachdenklich stimmendes Gelaber verzichten ;) Und du kannst auch prima über Deutschland jammern, das nenn ich mal ne Überraschung! Kleiner Tipp, krieg die Wut und schmeiß alles weg .. brauchst ja auch Platz, wenn mal Besuch kommt. hehe Und denk nicht so viel an die Leerzeile, sondern an das was vorher drinstand! Ich denk jedenfalls an dich und wünsch dir nur gutes .. wird zeit, dass wir uns mal wiedersehen .. das Rheinland beschert dir ja in alter Tradition bestimmt keine ordentliche Umarmung! Fetta Knutscha Franzi